Welcher Einfallswinkel eignet sich bei gerichteter Reflexion?
Die Antwort hierauf liefert ein Blick auf die graphische Darstellung der Fresnel-Gleichungen für nichtabsorbierende Proben:
Ein auf eine nichtabsorbierende Probe fallender Lichtstrahl wird teilweise reflektiert, der Rest gebrochen. Beide Teile werden dabei (unvollständig) linear polarisiert. Zerlegt man das reflektierte Licht mit einem Polarisator, dann lassen sich zwei Polarisationsrichtungen ausmachen: Einmal schwingt das Licht senkrecht zur Einfallsebene (RS) und einmal parallel zur Einfallsebene (RP), wobei der senkrecht zur Einfallsebene schwingende Lichtanteil mit steigendem Einfallswinkel stetig zunimmt. Jener Lichtanteil, der parallel zur Einfallsebene schwingt (RP), nimmt mit steigendem Einfallswinkel zunächst ab, um nach Durchlaufen eines Minimums wieder stark anzusteigen. Am Minimum, Brewster-Winkel genannt, besteht der reflektierte Strahl folglich nur aus dem senkrecht zur Einfallsebene polarisierten Anteil. Die genaue Lage des Brewster-Winkels hängt vom Brechungsindex der Probe ab, liegt aber meistens im Bereich 55° bis 60°.
Die beiden Kurven für RP und RS zeigen weiterhin, daß die Lichtvektoren des p-polarisierten Lichts tiefer in die Substanz eindringen, erkennbar daran, daß das Reflexionsverhältnis RP geringer ausfällt. Das tiefere Eindringen der Lichtvektoren wiederum läßt sich nutzen, wenn molekulare Absorptionen an der Probe ermittelt werden sollen, d.h. das Spektrum enthält bei p-polarisierter Strahlung mehr chemische Informationen der untersuchten Substanz. In diesem Fall ist ein sehr hoher Einfallswinkel nötig, je höher, desto besser. Üblich sind Werte von 80°.
Bei nahe senkrechtem Lichteinfall bzw. bis ca. 10° Einfallswinkel spielen die Polarisationszustände keine Rolle. Wenn also mögliche Polarisationseffekte bewußt unterbunden werden sollen (siehe z.B. ASTM E-1585 und DIN EN-12898: Standardmethode zur Bestimmung des Emissionsgrades von Flachgläsern), dann ist ein Einfallswinkel von ca. 10° zu wählen.