Molekulare Vorzugsrichtungen und Anisotropie
Mechanische Belastungen können bei Polymeren zu Vorzugsrichtungen (Orientierungen) der Polymerketten führen. Finden solche Belastungen z.B. durch Formgebungsverfahren an Polymerschmelzen statt, sind Spannungen im festen Zustand die mögliche Folge. Da orientierte Polymerketten eine Anisotropie der optischen und spektroskopischen Eigenschaften zeigen, bildet die Anisotropie ein leistungsfähiges Maß für den Orientierungsgrad der Polymermoleküle. Sie kann mit linear polarisierter IR-Strahlung in Abhängigkeit des Ausmasses der mechanischen Belastung bestimmt und aufgrund der Absorptionsbanden auf spezifische Molekülsegmente zurückgeführt werden.
Mit Hilfe des RHEONAUT läßt sich die Auswirkung der Scherbeanspruchung auf molekularer Ebene in situ untersuchen. Dazu wird ein drehbarer Polarisator in den Strahlengang gesetzt, um den elektrischen Feldvektor der IR-Strahlung zur Bestimmung des dichroitischen Verhältnisses rechtwinklig und parallel zur Fließrichtung auszurichten. Hierüber wird die Orientierung von Molekülketten, funktioneller Gruppen oder Seitenketten in amorphen Phasen (z.B. Polymerschmelzen und hochkonzentrierten Polymerlösungen) als Folge einer mechanischen Beanspruchung ermittelt. Durch die synchrone Erfassung von rheologischen Messwerten und IR-Spektren gelingt die Aufklärung der molekularen Mechanismen der Deformation auf der Grundlage experimentell nachweisbarer Zusammenhänge.